Auf ARM-basierten Systemen wird in den meisten Fällen eines dieser beiden Formate für die Boot-Images verwendet: a) Standard-Linux-Kernel im zImage-Format („vmlinuz“) zusammen mit einer Standard-Linux-Initial-Ramdisk („initrd.gz“) oder b) Kernel im uImage-Format („uImage“) zusammen mit dazu zugehöriger Initial-Ramdisk („uInitrd“).
uImage/uInitrd sind Image-Formate, die für die U-Boot-Firmware ausgelegt wurden, welche auf vielen ARM-basierten Systemen eingesetzt ist. Ältere U-Boot-Versionen können nur Dateien im uImage-/uInitrd-Format booten, daher werden diese Formate oft auf älteren armel-Systemen genutzt. Neuere U-Boot-Versionen können - neben uImage/uInitrd - auch Standard-Linux-Kernel- und Ramdisk-Images booten, aber die Befehlssyntax dafür ist etwas anders als beim Booten von uImages.
Für Systeme, die einen Multiplattform-Kernel verwenden, ist zusätzlich zu Kernel- und Initial-Ramdisk-Image noch eine sogenannte Gerätebaum-Datei (auch Gerätebaum-Abbild / device-tree blob, „dtb“) erforderlich. Diese ist spezifisch für jedes unterstützte System und enthält eine Beschreibung der jeweiligen Hardware. Das dtb sollte eigentlich auf dem Gerät von der Firmware bereitgestellt werden, aber in der Praxis muss oft ein neueres geladen werden.
Das netboot-Tarball-Archiv (Abschnitt 5.1.3.2, „Vorkonfiguriertes netboot-Tarball-Archiv“) und die SD-Karten-Images des Installers (Abschnitt 5.1.5, „Verwenden von vorbereiteten (pre-built) SD-Karten-Images mit dem Installer“) nutzen die (plattform-spezifische) Standardkonsole, die von U-Boot in der Variable „console“ definiert wird. In den meisten Fällen ist das eine serielle Konsole, daher benötigen Sie auf diesen Plattformen standardmäßig ein serielles Konsolenkabel, um den Installer nutzen zu können.
Auf Plattformen, die auch eine Video-Konsole unterstützen, können Sie die „console“-Variable von U-Boot entsprechend anpassen, wenn Sie möchten, dass der Installer auf der Video-Konsole startet.
Um per Netzwerk booten zu können, benötigen sie eine Netzwerkverbindung sowie einen TFTP-Netzwerk-Boot-Server (und unter Umständen auch einen DHCP-, RARP- oder BOOTP-Server zur automatischen Netzwerkkonfiguration).
Die server-seitige Einrichtung zur Unterstützung vom Booten über Netzwerk ist im Abschnitt 4.3, „Dateien vorbereiten für TFTP-Netzwerk-Boot“ beschrieben.
Das Booten von Systemen über das Netzwerk mittels der U-Boot-Firmware erfordert drei Schritte: a) Konfigurieren des Netzwerks, b) Laden der Images (Kernel/Initial-Ramdisk/dtb) in den Speicher und c) das eigentliche Ausführen des vorher geladenen Codes.
Als erstes müssen Sie das Netzwerk konfigurieren, entweder automatisch über DHCP, indem Sie dies ausführen:
setenv autoload no dhcp
oder manuell, indem Sie verschiedene Umgebungsvariablen setzen:
setenv ipaddr <ip-adresse des clients> setenv netmask <netmask> setenv serverip <ip-adresse des tftp-servers> setenv dnsip <ip-adresse des nameservers> setenv gatewayip <ip-adresse des standard-gateways>
Falls Sie möchten, können Sie diese Einstellungen auch fest einrichten mit:
saveenv
Danach müssen Sie die Images (Kernel/Initial-Ramdisk/dtb) in den Speicher laden. Dies wird mit dem tftpboot-Befehl erledigt, der zusammen mit der Adresse, an der das Image im Speicher abgelegt werden soll, angegeben werden muss. Unglücklicherweise kann die Lücke im Speicher von System zu System variieren, daher gibt es keine grundsätzliche Regel, welche Adresse hierfür verwendet werden muss.
Auf einigen Systemen legt U-Boot einige Umgebungsvariablen mit passenden Ladeadressen an: kernel_addr_r, ramdisk_addr_r und fdt_addr_r. Sie können überprüfen, ob diese definiert sind, indem Sie dies ausführen:
printenv kernel_addr_r ramdisk_addr_r fdt_addr_r
Falls sie nicht definiert sind, müssen Sie die Dokumentation des Systems konsultieren bezüglich näherer Angaben zu passenden Werten und diese händisch setzen. Für Systeme, die auf Allwinner SunXi-SoCs (z.B. dem Allwinner A10, Architekturname „sun4i“ oder dem Allwinner A20, Architekturname „sun7i“) basieren, können Sie z.B. folgende Werte nutzen:
setenv kernel_addr_r 0x46000000 setenv fdt_addr_r 0x47000000 setenv ramdisk_addr_r 0x48000000
Sind die Ladeadressen bereits definiert, können Sie die Images von dem vorher definierten TFTP-Server in den Speicher laden mit:
tftpboot ${kernel_addr_r} <dateiname des kernel-images> tftpboot ${fdt_addr_r} <dateiname des dtb> tftpboot ${ramdisk_addr_r} <dateiname des initial-ramdisk-images>
Der dritte Schritt ist das Setzen der Kernel-Befehlszeile und das eigentliche Ausführen des geladenen Codes. U-Boot übergibt den Inhalt der Umgebungsvariable „bootargs“ als Befehlszeile an den Kernel; also können alle Parameter für den Kernel und den Installer - wie z.B. die Konsolen-Gerätedatei (lesen Sie dazu Abschnitt 5.3.1, „Booten mit serieller Konsole“) oder eventuelle Voreinstellungsoptionen (Näheres in Abschnitt 5.3.2, „Debian-Installer-Parameter“ und Anhang B, Automatisieren der Installation mittels Voreinstellung) - mit einem Befehl wie dem folgenden gesetzt werden:
setenv bootargs console=ttyS0,115200 rootwait panic=10
Der exakte Befehl zur Ausführung des vorher geladenen Codes hängt vom verwendeten Image-Format ab. Bei uImage/uInitrd lautet der Befehl:
bootm ${kernel_addr_r} ${ramdisk_addr_r} ${fdt_addr_r}
Bei nativen Linux-Image ist es:
bootz ${kernel_addr_r} ${ramdisk_addr_r}:${filesize} ${fdt_addr_r}
Beachten Sie: wenn Sie Standard-Linux-Images booten, ist es wichtig, dass das Initial-Ramdisk-Image nach dem Kernel und der DTB geladen wird, da U-Boot die filesize-Variable (Dateigröße) auf die Größe der letzten geladenen Datei setzt und der bootz-Befehl benötigt die Größe des Ramdisk-Images, um korrekt zu arbeiten. Beim Booten eines plattformspezifischen Kernels, also eines Kernels ohne Gerätebaum-Abbild (DTB), lassen Sie den ${fdt_addr_r}-Parameter einfach weg.
Debian stellt ein vorkonfiguriertes Tarball-Archiv ( .../images/netboot/netboot.tar.gz ) bereit, das Sie einfach auf Ihren TFTP-Server entpacken können; es enthält alle für das Netbooting benötigten Dateien. Außerdem ist ein Boot-Skript enthalten, das alle zum Laden des Installers erforderlichen Schritte automatisiert. Moderne U-Boot-Versionen haben eine TFTP-Autoboot-Funktion, die aktiv wird, wenn kein lokales boot-fähiges Speichermedium (MMC/SD-Karte, USB, IDE/SATA/SCSI) verfügbar ist; es lädt dann dieses Boot-Skript vom TFTP-Server. Voraussetzung für die Verwendung dieser Funktionalität ist, dass Sie einen DHCP-Server in Ihrem Netzwerk haben, der den Client mit der Adresse des TFTP-Servers versorgt.
Möchten Sie die TFTP-Autoboot-Funktion von der U-Boot-Befehlszeile aus anstoßen, können Sie folgenden Befehl nutzen:
run bootcmd_dhcp
Um alternativ das Boot-Skript aus dem Tarball-Archiv händisch zu laden, können Sie auch diese Befehle am U-Boot-Prompt ausführen:
setenv autoload no dhcp tftpboot ${scriptaddr} /debian-installer/armhf/tftpboot.scr source ${scriptaddr}
Viele moderne Versionen von U-Boot haben USB-Unterstützung und erlauben das Booten von USB-Massenspeicher-Geräten wie z.B. USB-Sticks. Unglücklicherweise können sich die genauen Schritte, die dazu nötig sind, von Gerät zu Gerät ein wenig unterscheiden.
In U-Boot v2014.10 wurde das grundlegende Handling für eine Kommandozeile sowie ein Rahmenwerk für automatisches Booten (autoboot) eingeführt. Dies erlaubt die Erzeugung generischer Boot-Images, die auf jedem System funktionieren, das dieses Rahmenwerk implementiert hat. Der debian-installer
unterstützt die Installation von USB-Stick auf solchen Systemen, aber leider haben noch nicht alle Plattformen dieses Rahmenwerk übernommen.
Um einen boot-fähigen USB-Stick zur Installation von Debian zu erstellen, entpacken Sie das hd-media-Tarball-Archiv (Näheres in Abschnitt 4.2.1, „Wo Sie die Installationsdateien finden“) auf einen USB-Stick, der mit einem Dateisystem formatiert ist, welches von der U-Boot-Version auf Ihrem Gerät unterstützt wird. Bei neueren U-Boot-Versionen sollten FAT16, FAT32, ext2, ext3 und ext4 normalerweise funktionieren. Kopieren Sie dann auch die ISO-Image-Datei der ersten Debian-Installations-CD oder -DVD auf den Stick.
Das autoboot-Rahmenwerk in modernen U-Boot-Versionen funktioniert ähnlich wie die Optionen für die Bootreihenfolge in einem PC-Bios/UEFI, d.h. auf verschiedenen möglichen Boot-Geräten wird der Reihe nach nach einem gültigen Boot-Image gesucht und das erste gefundene wird gestartet. Wenn kein Betriebssystem installiert ist, sollte das Starten des Systems mit eingestecktem USB-Stick den Installer booten. Sie können den USB-Boot-Prozess auch zu jeder Zeit vom U-Boot-Prompt aus anstoßen, indem Sie den „run bootcmd_usb0“-Befehl ausführen.
Ein Problem, das beim Booten von einem USB-Stick bei Nutzung der seriellen Konsole auftreten könnte, ist eine nicht passende Konsolenbaudrate. Wenn die console-Variable in U-Boot definiert ist, wird das Boot-Skript des debian-installer
diese automatisch an den Kernel weiterleiten, um das primäre Konsolengerät und - falls anwendbar - die Baudrate einzustellen. Unglücklicherweise variiert die Handhabung der console-Variable von Plattform zu Plattform - auf einigen Plattformen enthält die console-Variable die Baurate (wie in „console=ttyS0,115200“), auf anderen hingegen lediglich den Gerätenamen (z.B. „console=ttyS0“). In letzterem Fall kann es zu einer verstümmelten Konsolenausgabe kommen, wenn die Standard-Baudrate bei U-Boot und dem Kernel nicht übereinstimmt. Moderne U-Boot-Versionen verwenden oft eine Geschwindigkeit von 115200 Baud, während beim Kernel noch der alte traditionelle Wert von 9600 Baud voreingestellt ist. Falls dies passiert, sollten Sie die console-Variable händisch setzen, so dass Sie die korrekte Baudrate für Ihr System enthält, und dann den Installer mit „run bootcmd_usb0“ starten.
Für eine Reihe von Systemen bietet Debian SD-Karten-Images an, die sowohl U-Boot wie auch den debian-installer
enthalten. Diese Images gibt es in zwei Varianten - eine für das Herunterladen der Software-Pakete über das Netzwerk (verfügbar unter
.../images/netboot/SD-card-images/
) und die andere für Offline-Installationen ohne Internet-Verbindung, die stattdessen eine Debian-CD/DVD verwenden (unter
.../images/hd-media/SD-card-images/
verfügbar). Um Speicherplatz und Bandbreite zu sparen, bestehen die Images aus zwei Teilen - einem System-abhängigen Teil namens „firmware.<system-typ>.img.gz“ und einem System-unabhängigen Teil namens „partition.img.gz“.
Um auf einem Linux-System aus diesen beiden Teilen ein vollständiges Image zu erzeugen, können Sie zcat wie folgt verwenden:
zcat firmware.<system-typ>.img.gz partition.img.gz > complete_image.img
Auf Windows-Systemen müssen Sie die beiden Teile zunächst separat dekomprimieren, was zum Beispiel mit 7-Zip erledigt werden kann, und dann durch Eingabe des folgenden Befehls in einem cmd.exe-Fenster:
copy /b firmware.<system-typ>.img + partition.img complete_image.img
wieder zusammenfügen.
Schreiben Sie das erzeugte Image auf eine SD-Karte, indem Sie z.B. auf einem Linux-System folgenden Befehl nutzen:
cat complete_image.img > /dev/SD_KARTEN_GERÄT
Nachdem Sie die SD-Karte in das Zielsystem eingesteckt und dieses eingeschaltet haben, wird der Installer von der SD-Karte geladen. Falls Sie die hd-media-Variante für eine Installation ohne Internet-Verbindung verwenden, müssen Sie dem Installer über ein separates Medium Zugriff auf die erste Debian-CD/DVD ermöglichen; dies kann z.B. über ein CD/DVD-ISO-Image auf einem USB-Stick geschehen.
Wenn Sie im Installer den Schritt für die Partionierung erreichen (lesen Sie dazu Abschnitt 6.3.4, „Partitionierung und Auswahl der Einbindungspunkte im Dateisystem“), können Sie jegliche Partitionen auf der SD-Karte löschen oder ersetzen. Sobald der Installer einmal gestartet ist, läuft er komplett im Arbeitsspeicher des Systems und benötigt keinen Zugriff auf die SD-Karte mehr. Daher können Sie die vollständige SD-Karte zur Installation von Debian benutzen. Der einfachste Weg, ein passendes Partitions-Layout auf der SD-Karte zu erstellen, ist die Nutzung der Geführten Partitionierung (Näheres hierzu in Abschnitt 6.3.4.2, „Geführte Partitionierung“).